
Rechtzeitig vor Beginn der heißen Phase der parlamentarischen Beratung der bevorstehenden Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes
(EEG) hat Agora Energiewende ein Positionspapier vorgelegt, um den Windkraftausbau an Land hierzulande wieder zu forcieren.
Für Patrick Graichen, Direktor des Berliner Thinktanks, ist der vorliegende Entwurf „weder geeignet, die neuen noch die bestehenden
Klimaschutzziele einzuhalten“.
Um die 2030er Klimaziele zu erreichen, halten die Fachleute von Agora Energiewende bis Ende dieses Jahrzehnt eine installierte
Windkraftleistung von mindestens 80.000 MW für unverzichtbar. Daraus ergibt sich bis 2030 ein jährlicher durchschnittlicher
Bruttozubaubedarf von etwa 4.500 MW bei einer angenommenen Lebensdauer der Anlagen von 25 Jahren. Der Regierungsentwurf für
das EEG 2021 sieht lediglich einen Bruttozubau von gut 3.400 MW bei einem zudem deutlich zu niedrigen Strombedarf für 2030
zu. Patrick Graichen: „Unsere Forderungen sind nicht utopisch: 2017 gab es bereits bundesweit einen Bruttozubau von über 5.300
MW.“ Dieses Niveau müsse nun kontinuierlich und dauerhaft erreicht werden.
Für Agora Energiewende ist deshalb völlig unverständlich, dass im vorliegenden Regierungsentwurf die Ausschreibungsmengen
nach dem einmaligen Anstieg im Jahr 2021 wieder unter 4.500 MW pro Jahr fallen sollen. „Der im EEG-Entwurf vorgesehene Ausbau,
der zudem erst ab 2028 auf das dauerhaft notwendige Niveau steigen soll, geht an der Realität vorbei“, heißt es in dem E&M
vorliegenden Positionspapier, das am Mittwoch, 18. November, veröffentlicht wird.
Für die anstehenden parlamentarischen Beratungen zur EEG-Reform, die nach bisheriger Planung von Bundestag und Bundesrat Ende
November beschlossen werden soll, empfiehlt Agora Energiewende ein „Sofortprogramm Windenergie an Land“. Neben der Erhöhung
der Ausschreibungsmengen, der Ausweisung neuer Flächen, einem vereinfachtem Genehmigungsprozedere halten die Agora-Fachleute
auch ein „modifiziertes Artenschutzregime“ für den weiteren Windkraftausbau für unverzichtbar. In der nächsten Legislaturperiode, so die Empfehlung des Thinktanks, müsse mit einem „Masterplan Windenergie an Land“ der „Zielkonflikt“
um die zuletzt in der schwarz-roten Regierungskoalition umstrittenen Abstandsregeln und den Naturschutz „grundsätzlich und
dauerhaft befriedet“ werden.
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heutigen Ü-20-Windturbinen zu erhalten.
Bild: Ralf Köpke
Außerdem spricht sich Agora Energiewende wie beispielsweise auch der Bundesverband Windenergie für eine umfassende Repowering-Strategie
aus, also für ein planmäßiges Vorgehen, wie alte gegen moderne und weitaus effizientere Windturbinen ersetzt werden können. Dazu heißt
es in dem Positionspapier: „Oberstes Ziel muss dabei sein, die seit Jahrzehnten eingeführten und in aller Regel weitgehend
akzeptierten Standorte weiter und so effizient wie möglich zu nutzen, also alte Anlagen wo immer möglich durch moderne leistungsstarke
zu ersetzen. Dem stehen häufig heute geltende Abstandsregeln und/oder die Tatsache entgegen, dass sich diese Standorte nicht
innerhalb der erst zu einem späteren Zeitpunkt ausgewiesenen Windvorranggebiete befinden.“
Um die heute vorhandenen Standorte zu „retten“ sollen nach den Vorstellungen von Agora Energiewende die Ü-20-Windturbinen
dort durch neue Anlagen vergleichbarer Größe und Leistung ersetzt werden, wo die heute gängigen Anlagengrößen nicht genehmigungsfähig
sind. Dies ist jedoch schwierig, weil kleinere Anlagen in den Ausschreibungsrunden normalerweise nicht konkurrenzfähig sind.
Dieses Problem will Agora Energiewende wie folgt lösen: „Um solche Anlagen dennoch zu realisieren, muss es deshalb Sonderregelungen
geben, die entweder außerhalb der regulären Ausschreibungen ein eigenes Ausschreibungssegment etablieren oder den Größennachteil
anderweitig ausgleichen, etwa durch ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren. Vorgeschlagen wird zum Beispiel, dass solche
Neuanlagen die alten nach einer einfachen Änderungsgenehmigung ersetzen können.“
Für Patrick Graichen von Agora Energiewende ist die anstehende EEG-Reform mitentscheidend, ob die 2030er Zwischenziele auf
dem Weg zur Klimaneutralität Mitte dieses Jahrhunderts erreicht werden: „Ohne einen signifikanten Beitrag der Windenergie
an Land ist das nicht zu schaffen.“ Bis 2050 muss bundesweit eine Windkraftleistung von 130.000 MW an Land installiert sein,
so die Berechnungen von Agora Energiewende.
Dienstag, 17.11.2020, 14:39 Uhr