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Enerige & Management > Stromnetz - 50 Hertz warnt vor Wildwuchs bei Batteriespeichern
Quelle: Shutterstock / peopleandmore
STROMNETZ:
50 Hertz warnt vor Wildwuchs bei Batteriespeichern
Der Übertragungsnetzbetreiber schlägt im Umgang mit Netzanschlüssen für Batteriespeicher ein neues Verfahren vor, das Projekte nach Reifegrad und Systemdienlichkeit priorisieren soll.
 
Den vier deutschen Übertragungsnetzbetreibern liegen derzeit fast 700 Netzanschlussanträge für Großbatteriespeicher vor – mit einer kumulierten Leistung von etwa 250.000 MW. Den größten Anteil daran verzeichnet der ostdeutsche Netzbetreiber 50 Hertz. Allein dort summieren sich die beantragten Anschlussleistungen auf über 100.000 MW. Aufgrund derzeitiger Rechtslage müssten alle neuen Anträge auf Basis der Kraftwerksnetzanschlussverordnung (KraftNAV) bearbeitet werden. Diese sei für diese Dimensionen und für diese Technologie jedoch nicht geeignet, so das Unternehmen vor Journalisten.

Laut Dirk Biermann, COO von 50 Hertz, führe das in der KraftNAV verankerte „First come, first served“-Prinzip dazu, dass nicht bereits weit fortgeschrittene sowie technisch und marktlich überzeugende Projekte zuerst realisiert werden können, sondern diejenigen mit einem frühen Posteingangsstempel. Dadurch drohe die Gefahr, dass die knappe Ressource Netzanschluss für andere wichtige Anschlussnehmer wie Rechenzentren oder Elektrolyseure blockiert wird und insgesamt weniger Batterieprojekte in das Gesamtsystem integriert werden können.

Stattdessen fordert der Netzbetreiber, die Anschlussprojekte künftig nach Reifegrad und Umsetzungswahrscheinlichkeit zu bewerten. Dies solle verhindern, dass Ressourcen in wenig aussichtsreiche Projekte fließen und gleichzeitig solide Vorhaben schneller angeschlossen werden können.

Vorschläge zur Priorisierung

Zur Beurteilung der Reife eines Projekts schlägt 50 Hertz transparente und nachvollziehbare Kriterien vor, etwa Grundstücksnachweise, Genehmigungsstände, Anlagen- und Anschlusskonzepte oder eine gesicherte Finanzierung. Auch Aspekte der Netzdienlichkeit, wie die Kombination aus Photovoltaikanlage und Batteriespeicher, könnten berücksichtigt werden – derzeit dürfe das im Anschlussverfahren nicht berücksichtigt werden.

Die Zahl der Anträge sei auch deshalb stark gestiegen, weil ab dem Jahr 2029 die befristete Befreiung von Netzentgelten für Speicheranlagen auslaufe, erklärte Biermann. Hinzu kämen sinkende Kosten für Speichertechnik und der starke Zubau der Photovoltaik mit zunehmender Zahl negativer Strompreise am Day-Ahead- und Intraday-Markt.

In der Regelzone von 50 Hertz haben nach Angaben des Unternehmens derzeit Projekte mit insgesamt 12.000 MW Leistung eine Anschlussperspektive bis 2029 erhalten – über diese Größenordnung hinaus werde es mit der derzeitigen Systematik jedoch schwierig.

Biermann warb dafür, Netzbetreibern künftig die Möglichkeit zu geben, Einfluss auf die Betriebsweise von Batteriespeichern zu nehmen – etwa durch technische Vorgaben. So könne vermieden werden, dass eine plötzliche Speicherung und Ausspeisung großer das Netz destabilisiere. Voraussetzung sei allerdings eine gesetzliche Regelung, die diese Eingriffsmöglichkeiten klar definiere.

Anpassung an die erneuerbare Stromwelt

In Zukunft erfordern volatile, dezentrale Erzeuger in Kombination zum Beispiel mit Batteriespeichern neue Konzepte zur Netzführung, auch wenn die Einspeisung von Erneuerbaren aufgrund immer besserer Wetterprognosen besser vorhersehbar ist. Aus Sicht von 50 Hertz müssen Großbatterien künftig systemdienlich und vorausschauend betrieben werden können

Der Netzbetreiber befindet sich nach eigenen Angaben gemeinsam mit den anderen Übertragungsnetzbetreibern im Austausch mit der Bundesnetzagentur und dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWE). Ziel sei es, das derzeitige Anschlussverfahren grundlegend zu reformieren.

„Es sollten diejenigen Netzanschlussprojekte zum Zuge kommen, die einen hohen Reifegrad aufweisen und auch aus Netzsicht an geeigneten Standorten realisiert werden sollen“, sagte Biermann. Dies sei im derzeitigen Rechtsrahmen nicht gewährleistet. Daher brauche es eine Reform der KraftNAV, um solche für die Energiewende wichtigen Großprojekte geordnet und effizient in das Netz integrieren zu können.

Gesetzlichen Rahmen anpassen

Dirk Biermann begrüßte ein Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 15. Juli, wonach auch für Netzanschlüsse für Batteriespeicher ein Baukostenzuschuss zu zahlen sei. Dieses Instrument könnte eine gewisse Steuerungsfunktion haben.

Die Diskussion um neue Regeln für Batteriespeicheranschlüsse berührt laut 50 Hertz auch einen grundlegenden Zielkonflikt: den zwischen der gewünschten Liberalisierung des Strommarktes und der stabilen Netzführung. Damit Batteriespeicher ein stabilisierendes Element im künftigen Energiesystem werden können, müsse der regulatorische Rahmen jetzt angepasst werden.
 

Susanne Harmsen
Redakteurin
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